Page 7 - REBA Verlag Pliening Bürgerinfo 2015
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Gemeinde Pliening
fand. Zur Zeit der römischen Herr- schaft (ca. 50 n. Chr. bis 488 n. Chr.) lag der Graben also offen da. Zu wel- chem Zweck er ausgehoben wurde, ist umstritten. Seit dem Nachweis einer römischen Fiskalstraße, die von Denning und Aschheim kommend am Moosrain entlang über Pliening, Alt- finsing und Neuching nach Klett- ham/Erding führte, ist die Anwesen- heit der römischen Staatsmacht bei uns umso mehr gesichert. Am Stein- berg ist der tief eingeschnittene Hangabstieg dieses römischen Ver- kehrsweges bis heute zu sehen.
In der zweiten Hälfte des 5. Jahrhun- derts ging die staatliche Ordnung verloren. Chaotische Jahrzehnte der Zerstörung, des Durchzugs fremder Bevölkerungsgruppen, Raub und Plünderung folgten. Es war ein stän- diges Kommen und Gehen. Wenn der Ackerboden für die nachwachsende Generation nicht mehr auszureichen schien, packte man sein Hab und Gut auf den Ochsenkarren, zog mit den Herden weiter. Wir sprechen von der Zeit der Völkerwanderung. Im Jahre 488 befahl der Römerkönig Odoaker den noch zurückgebliebenen Roma- nen nach Italien auszuwandern. Die einst blühenden römischen Siedlun- gen verödeten.
Die Luftbildarchäologie zeigt uns das unstete Werden des nunmehr baju- warischen Dorfes Pliening recht ein- drucksvoll. Die eingewanderten Neu- siedler nahmen zunächst das Land an den alten Verkehrswegen in Besitz. Spuren von Wohnhäusern, Scheunen und Grubenwerkstätten finden sich an der Poinger und Neufarner Straße bis an die heutigen Orte hin. Die Luftbilder zeigen eine lose Streusied- lung. Grabbeigaben verraten uns aus dem Osten eingewanderte Goten als germanische Erstsiedler. Eine Schar aus dem Westen gekommener Ale-
mannen gesellte sich dazu und wurde bald dominant. Sie entschlos- sen sich, hier herrenloses Ackerland unter den Pflug zu nehmen, sesshaft zu werden, Eigentum zu bilden und für die Nachfahren zu bewahren. Da auch die umgebenden politischen Zustände stabil geworden waren (Herrschaft der Goten, später der Franken), konnte ein friedlicher Auf- bau beginnen. Die ordnende Hand einer feudalen Herrschaft griff ein. Der alemannische Sippenführer Pleon, ein adeliger Mann, wählte als Bauplatz für die Häuser seiner Leute offenbar das Gelände der verlasse- nen Römersiedlung. Der Viertelbach, in der Trasse der heutigen Raiffeisen- straße von Süden kommend, dem Moos entgegen fließend, war als Viehtränke nicht weit entfernt. Als Ursache häufiger Überschwemmun- gen wollte man ihm aber auch nicht zu nahe sein. Das niedrigere Volk folgte dem Herrn, verließ die ver- streuten Hütten, siedelte um die Feudalhöfe. Es entstanden die Urhöfe Sellmair, Wunsam und Wolfram mit den Unterkünften der Leibeigenen und Untergebenen. Pleon wurde Na- men gebend für sein Dorf. „Pleonin- gas“ (= bei den Leuten des Pleon) nennen es Urkunden viele Jahre spä- ter, am 13. Januar 813. Der Perso- nenname Pleon ist im alemannischen Raum noch bis ins 8. Jahrhundert bekannt. So kann der Ortsname Plie- ning auf eine adelige Familie zurück- gehen, die zwischen 650 und 750 im Neckargau führend war. Sie soll zur merowingischen Reichsaristokratie gehört haben.
Die Angerwiesen südlich des jungen Dorfes dienten den noch heidnischen Bauern 200 Jahre lang als Bestat- tungsplatz für ihre Toten. Im Jahre 1972 haben die Archäologen hier 153 Gräber freigelegt, kostbare
Grabbeigaben gehoben, wichtige historische Erkenntnisse gesichert. Die Gesamtzahl der Gräber in der bisher bekannten Friedhofsfläche be- trägt etwa 260.
Um 700 Christen geworden, gaben die Menschen diese Reihengräber- friedhöfe auf. Hofgrablegen wurden üblich. In einem ruhigen Teil des Gar- tens bestattete der Bauer seine toten Angehörigen. In der Tat barg die Ar- chäologie bei der Grabungskampa- gne 1999/2000 insgesamt 25 früh- mittelalterliche Körpergräber auf dem Areal des Sellmairhofes. Bei Erdarbeiten auf dem Wolfram- und Wunsamhof wurden ebenso beiga- benlose Gräber angeschnitten. Als die Amtskirche sich schließlich etab- liert und organisiert hatte, brachten die Angehörigen ihre Toten zum Be- gräbnis zum neuen, christlichen Got- teshaus. Das alte Reihengräberfeld wurde vergessen, verödete zu Acker
Pleon
Foto: Heimatmuseum Markt Schwaben
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